Künstliche Intelligenz bietet die Chance auf deutlich verbesserte Gesundheitsergebnisse - Dieter Weisshaar im Gespräch mit Stefanie Kemp

Dieter Weisshaar, CEO

Gesundheitswesen
Interview
Digitalisierung
KI

Stefanie Kemp, Vorstand Sana Kliniken AG und Dieter Weißhaar, CEO myneva Group, im Gespräch über Datenschutz und Künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen: 

DW: Stefanie, wir kennen uns seit langem. Du bist Vorständin und CTO der Sana Group. Lass uns heute zu den drängenden Fragen der Digitalisierung im Gesundheitswesen sprechen. Welche Aspekte im Zusammenspiel zwischen Datenschutz und Digitalisierung im Healthcare Bereich sind für Dich die entscheidenden? 

SK: Ganz oben steht der Datenschutz im Healthcare-Bereich. Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung und der verstärkten Nutzung von Technologien wie eHealth und KI-Tools ist es schwer genug, da Schritt zu halten. Dabei gibt es verschiedene Aspekte dieses Themas, die berücksichtigt werden müssen: 

Am wichtigsten ist die Sicherheit von Patientendaten: Es leuchtet jedem ein, dass diese unbedingt vor unbefugtem Zugriff und Missbrauch geschützt werden müssen. Das gilt besonders für persönliche Gesundheitsinformationen, medizinische Befunde, Behandlungspläne. Die Schlagworte lauten hier sichere Speicherung, Verschlüsselungstechnologien und Zugriffskontrollen. 

Darüber hinaus müssen Patienten umfassend informiert werden, wie ihre Daten verwendet werden, und sie sollten der Nutzung ihrer Daten zustimmen können. Dies erfordert klare und verständliche Datenschutzrichtlinien sowie Transparenz darüber, welche Daten gesammelt, zu welchem Zweck sie verwendet und mit wem sie geteilt werden, eben die Souveränität über die eigenen Daten. 

DW: Welche Rolle spielen KI-Tools dabei? 

stefanie-kemp-sana-kliniken-agSK: KI-Tools bieten ein enormes Potenzial für die Verbesserung der Diagnose, Dokumentation und Verwaltung im Gesundheitswesen. Aber wir dürfen Datenschutzaspekte dabei nicht vernachlässigen. Dies umfasst die Gewährleistung von Datenintegrität, -sicherheit und -vertraulichkeit sowie die Vermeidung von Diskriminierung oder Voreingenommenheit in den Ergebnissen. 

DW: Sorgt dafür nicht ohnehin der Gesetzgeber? 

SK: Ja, natürlich müssen Gesundheitseinrichtungen und Unternehmen im Gesundheitswesen die geltenden Datenschutzgesetze und -vorschriften einhalten, sei es die DSGVO in Europa oder HIPAA in den USA. Aber das erfordert eine kontinuierliche Überwachung und Anpassung an sich ändernde rechtliche Anforderungen sowie die Einrichtung von Mechanismen zur Überprüfung der Einhaltung und zur Reaktion auf Datenschutzverletzungen. 

Und nicht zu vergessen: Beim Datenschutz im Gesundheitswesen geht es auch um ethische Überlegungen. Es ist wichtig, dass alle Beteiligten ethische Grundsätze wie Datenschutz, Autonomie und Nicht-Malefizienz respektieren und dass transparente Kommunikation und offene Dialoge gefördert werden. Nur so kann zwischen den beteiligten Parteien das notwendige Vertrauen entstehen. 

Du siehst, der Schutz von Patientendaten und Personaldaten im Gesundheitswesen ist ein extrem komplexes Thema. Schnellschüsse sind nicht hilfreich, wenn wir die Balance zwischen Innovation und Datenschutz wahren und gleichzeitig die Rechte und das Wohlergehen der Einzelpersonen respektieren wollen. Ein multidisziplinärer Ansatz, der rechtliche, technologische, ethische und soziale Aspekte berücksichtigt, ist unerlässlich, um die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Datenschutz im Gesundheitswesen erfolgreich zu bewältigen. 

DW: Datenschutz ist nur ein Faktor im Umgang mit Daten im Gesundheitswesen. Ein zweiter, immer öfter diskutierter, Aspekt ist die Nutzung von vorhanden Daten und die Souveränität von Daten im Zusammenhang mit der Nutzung von Künstlicher Intelligenz. Welche Aspekte sollte man hier betrachten? 

SK: Zuerst einmal steht außer Frage, dass die Nutzung von Daten im Gesundheitssystem, insbesondere in Verbindung mit KI-Technologien und Souveränität über Daten, eine Reihe von Vorteilen bietet.  

So können durch die Analyse großer Datenmengen KI-Modelle Muster und Trends erkennen, die menschliche Ärzte unterstützen. Dies kann zu einer genaueren Diagnose und einem effektiveren Behandlungsplan führen, was letztendlich die Gesundheitsergebnisse verbessert. 

Daten ermöglichen eine personalisierte Herangehensweise an die Gesundheitsversorgung. Durch die Analyse von individuellen Gesundheitsdaten kann KI dazu beitragen, maßgeschneiderte Behandlungspläne zu entwickeln, die den spezifischen Bedürfnissen jedes Patienten gerecht werden. 

KI kann auch helfen, Krankheitsrisiken frühzeitig zu erkennen, indem sie Anomalien oder Muster identifiziert, die auf eine potenzielle Gesundheitsgefährdung hinweisen. Dies erleichtert eine rechtzeitige Intervention und Prävention von Krankheiten, ganz im Sinne der Patienten und natürlich des Gesundheitswesens. 

KI hilft auch in der Forschung und Entwicklung: Durch die Analyse von umfangreichen Datenbeständen können Forschende neue Erkenntnisse gewinnen und Fortschritte in der medizinischen Forschung und Entwicklung erzielen. Dies kann zu neuen Therapien, Medikamenten und Behandlungsmethoden führen, die dazu beitragen, Krankheiten besser zu verstehen und zu bekämpfen. 

DW: Was bedeutet das für die Mitarbeitenden im Gesundheitswesen? 

SK: Ihr Arbeitsalltag verändert sich, sie können sich auf die wesentlichen Dinge konzentrieren. KI verbessert die Effizienz im Gesundheitswesen. Die Automatisierung von Prozessen durch KI kann die Arbeitsbelastung für medizinisches Personal verringern, die Wartezeiten für Patienten verkürzen und die Kosten senken – für den Leistungserbringer wie auch für die Gemeinschaft. 

Bei allen Vorteilen ist jedoch wichtig sicherzustellen, dass Datenschutz- und Sicherheitsstandards eingehalten werden, um die Integrität und Vertraulichkeit der Daten zu gewährleisten. 

DW: Um im Gesundheitswesen effizienter zu werden und damit die Gesamtsituation zu verbessern, wird über sogenannte digitale Ökosysteme gesprochen. Dies bedeutet Austausch von Daten zwischen Teilnehmern im Gesundheitssystem. Was ist Deine Sicht auf die zentralen Punkte des Arbeitens in Ökosystemen? 

SK: Der Datentransfer im eHealth-Ökosystem spielt eine entscheidende Rolle für die Effizienz, Sicherheit und Wirksamkeit der Gesundheitsversorgung. Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten.  

Beim Intersektoralen Datentransfer werden Gesundheitsdaten zwischen verschiedenen Akteuren im Gesundheitswesen übertragen, wie beispielsweise zwischen Krankenhäusern, Arztpraxen, Apotheken und Laboren. Ein effektiver intersektoraler Datentransfer ermöglicht eine nahtlose Zusammenarbeit und Koordination der Gesundheitsversorgung über verschiedene Einrichtungen hinweg. 

Gerade in der Öffentlichkeit wird immer wieder über die Elektronischen Patientenakten (ePA) diskutiert. Das sind digitale Plattformen der Krankenkassen, auf denen Patientendaten zentral gespeichert und verwaltet werden können. Diese Plattformen ermöglichen es Patienten, ihre Gesundheitsdaten von verschiedenen Gesundheitsdienstleistern sicher und effizient zu teilen. EPA können dazu beitragen, die Kontinuität der Versorgung zu verbessern und Doppeluntersuchungen zu vermeiden. 

Und dann gibt es Patientenportale, also Online-Plattformen, die es Patienten ermöglichen, auf ihre persönlichen Gesundheitsdaten zuzugreifen, diese zu verwalten und mit ihren Gesundheitsdienstleistern zu teilen. Durch den Zugang zu ihren eigenen Daten können Patienten aktiver in ihre Gesundheitsversorgung einbezogen werden und eine bessere Kontrolle über ihre Gesundheit erlangen. 

DW: Wie bewertest Du diese unterschiedlichen Methoden? 

SK: Unabhängig von der jeweiligen Methode des Datentransfers ist es wichtig, dass Datenschutz- und Sicherheitsstandards eingehalten werden, um die Vertraulichkeit und Integrität der Daten zu gewährleisten. Dies umfasst die Verschlüsselung von Daten während des Transfers, die Implementierung von Zugriffskontrollen und die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften wie der Datenschutz-Grundverordnung DSGVO in Europa oder dem Health Insurance Portability and Accountability Act HIPAA in den USA. 

Darüber hinaus ist eine interoperable Dateninfrastruktur entscheidend, um sicherzustellen, dass Daten nahtlos zwischen verschiedenen Systemen und Plattformen ausgetauscht werden können. Die Förderung von Standards und Richtlinien für den Datenaustausch ist daher von entscheidender Bedeutung, um die Zusammenarbeit und Integration im eHealth-Ökosystem zu erleichtern und die Gesundheitsversorgung zu verbessern. 

DW: Herzlichen Dank, liebe Stefanie Kemp, für die Einblicke. Es ist klar, dass an der Schnittstelle zwischen der Gesundheitsversorgung und Pflege digitale Ökosysteme zu deutlichen Vorteilen in der Qualität der Versorgung durch Austausch von Daten und der Reduktion der administrativen Aufgaben führen können. 

 

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